Die Geschichte begann vor 2 Jahren. Ein Kollegenpaar weilte im Tessin in den Camping-Ferien und meinte aus Spass, ich könne sie ja mit dem Fahrrad besuchen kommen. Dies weckte meinen Ehrgeiz und so entschied ich mich am nächsten Morgen, die Beiden tatsächlich zu besuchen. Seit dieser sehr qualvollen, aber schönen Fahrt über den Gotthard versuche ich, jede Saison ein bis zwei Pässe zu überqueren und hoffe irgendwann, die höchsten Schweizer Alpenpässe befahren zu haben. Doch eine Frage bleibt: Warum mache ich das eigentlich?

Die sportliche Betätigung ist etwas Tolles, aber für mich eigentlich vor allem ein sehr positiver Nebeneffekt. Viel spannender finde ich die einzelnen Phasen die man bei einer solchen Fahrt durchlebt. Sich ein Ziel stecken, sich selber überwinden zu müssen, darauf zu trainieren und ein Ziel mehr oder weniger akribisch zu erreichen. Dieser Prozess macht enorm Spass. Vor längeren Fahrten lohnt es sich, mehrmals kleineren Strecken zu trainieren und sich eine einigermassen passable Grundkondition aufzubauen. Nebst der körperlichen Verfassung ist auch auch das ganze Drumherum ganz wichtig. Sprich: Den Fahrrad-Zustand überprüfen, Ersatzteile besorgen, genügend Verpflegung einkaufen, etc. Dieser Teil erspart eine ganze Menge Stress während der Fahrt.

Tag X. Ich liebe die innere Anspannung die man kurz vor dem Start hat. Man steht am Fusse eines wunderschönen Berges, holt sich genügend Verpflegung und hat eigentlich keine Ahnung wie gut man am besagten Tag wirklich ist. Irgendwann hat man alles beisammen und es geht los. Die ersten Höhenmeter sind für mich persönlich die Wichtigsten. Hier entscheidet sich, wie der ganze Tag wird. Entweder du fühlst dich fitt und kommst gut in Fahrt oder du spürst dass der Körper irgendwie nicht so richtig möchte. Dann wird der Tag richtig mies, unschön und anstrengend. Aber denken wir positiv.

Im Gegensatz zu normalen Fahrten im Flachland gibt es bei (Fahrrad-)Passfahrten nicht Tausende von verschiedenen Varianten und Optionen. Nein. Es gibt nur zwei. Entweder du schaffst es bis zur Passhöhe oder eben nicht. Es gibt kein Zwischending und damit auch keine Kompromisse. Wahrscheinlich ist es diese Einfachheit, die mir gefällt. Drei Dinge behalte ich immer im Hinterkopf. Immer „das eigene Tempo“ zu fahren, Pausen und Verpflegung gut im Griff zu haben und Bidons bei jeder Gelegenheit aufzufüllen. Eiskaltes Bergwasser ist eine herrliche Erfrischung! Zu guter Letzt sollte man auch immer versuchen die Ruhe zu bewahren – besonders bei viel Verkehr gar nicht mal so einfach. Ansonsten gibt es nicht viel zu sagen – die Richtung ist klar und da musst du durch. Irgendwann hast du es geschafft und bist oben angekommen. Insgeheim kommst du dir vor wie ein Superheld, obwohl dir alles weh tut. Erstmal Pause und auf die Abfahrt freuen. Es gibt nur wenig Besseres als die ganzen Höhenmeter wieder herunterzufahren.

Ich liebe die ganze Umgebung bei diesen Fahrten. Die imposanten Berge. Die gähnende Leere. Das ganze Panorama. Und den Verlauf der Strassen als Solches. Denn Pass-Strassen sind normalen Strassen in vielerlei Hinsicht überlegen. Es sind historische Verkehrsrouten, die die Menschen zwischen Tälern verbinden und so die Versorgung sicherstellen. Sie überwinden gewaltige Höhen und sehen besonders in Serpentinen-Form erst noch viel besser aus, schlängeln sich an wilden Bächen und Flüssen vorbei durch die Täler, immer mit dem schroffen Berg vor Augen. Aber auch unter Pass-Strassen gibt es sowas wie eine Rivalität, denn einige sind deutlich interessanter als Andere. Zu diesen Anderen zählt für mich eindeutig der Susten-Pass – trotz dem tollen Panorama. Hier ist die Steigung (von Wassen her kommend) nämlich derart clever verteilt dass der Weg schnell übelst monoton wird. Sehr gut gefällt mir der Schallenberg-Pass, wahrscheinlich hat es auch mit dessen geringer Höhe zu tun.

Ich hoffe, ich konnte dir meine Beweggründe und meine Faszination für diese Pass-Fahrten etwas näher bringen. Ich stehe erst ganz am Anfang meines Vorhabens, die Liste der unbefahrenen Pässe ist noch sehr lange und ich habe noch viele Kilometer vor mir. Jetzt gehe ich erstmal in die Winterpause und freue mich darauf, wenn der nächste Frühling wieder kommt.

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